Berliner Landgericht: Degewo hätte Mieter schon 1993 über Asbestgefahr informieren müssen

November 23, 2019
berliner landgericht asbest

In einer Urteilsverkündung (Urteil vom 17. Januar 2018) stellte das Berliner Landgericht folgendes fest:

"Waren in der Wohnung tatsächlich asbesthaltige Materialien verbaut worden", musste die Wohnungsbaugesellschaft dies als Eigentümer und Bauherr des Grundstücks wissen, stellten die Richter fest. Als professioneller Vermieter musste die Degewo nach dem Verbot asbesthaltiger Baustoffe im Jahr 1993, spätestens aber mit Verabschiedung der Asbestrichtlinie im Jahr 1996 davon ausgehen, dass "von den asbesthaltigen Baustoffen im Fall ihrer Beschädigung konkrete Gesundheitsgefahren für die Mieter ausgehen konnten".

Informiert ein Vermieter seine Mieter nicht über eine in der Wohnung vorhandene Asbestbelastung, liegt eine Verletzung der Verkehrssicherheits-, Schutz- und Sorgfaltspflichten vor. Der Mieter kann Schadensersatz verlangen.

Berliner Landgericht sieht Verfahrensmangel

Eine Mieterin klagte die landeseigene Degewo, da diese schon beim Einzug in Ihre Wohnung 1980 über die Asbestgefahr hätte wissen müssen. Sie wollte durchsetzen, dass das Gericht eine Schadensersatzpflicht des Vermieters für schon entstandene und zukünftige Schäden feststellt. Sie habe im Unwissen über die Asbestgefahr bei einer Renovierung Platten zerkleinert und entsorgt. In der Wohnung seien noch immer gebrochene Floorflex-Platten vorhanden.

Das Amtsgericht wies die Klage zurück, da die Mietern keinen Beweis für die Asbestbelastung erbracht habe. Das Berliner Landgericht sah hier jedoch einen groben Verfahrensmangel. Ein Gutachten soll aufklären, ob tatsächlich asbesthaltige Floorflex-Platten und Kleber verbaut wurden.

Degewo: "wir nehmen das Thema Asbest seit Jahren sehr ernst"

Seit der Novellierung der Bauordnung 2013 (rechtzeitig zum 20-jährigen Jubiläum des bundesweiten Asbestverbots?) seien die Mieter „mehrfach“ über die Problematik informiert worden.

Wie ernst die Degewo das Thema Asbest wirklich nimmt, haben wir hier dokumentiert.

Update (20.01.2020):

Paul Lichtenthäler bestätigt dem ARD gegenüber:

"Das ist – bei Asbest denke ich immer so, dass ist so eine, so eine Frage der Balance zwischen Hysterie oder Panik oder Unruhe auslösen, nennen wir es Unruhe oder sinnvolle Informationen. Wenn ich den Menschen sage Lasst den Fußboden in Ruhe, bohr keine Löcher in die Wand, halte dich bitte dran, weil, also, dann wenn du das einhältst, dann kannst du da gut drin wohnen. Dann finde ich das ausreichend ehrlich gestanden."

Paul Lichtenthäler, DEGEWO Pressesprecher - Quelle: https://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-16-01-2020/1.html

Quelle: Berliner Zeitung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Degewos toxisches Erbe: Fünf Jahre Asbest-Auseinandersetzung
5 Asbest-Überlebenstipps von der Degewo
Faktencheck prüft Aussagen von Degewo Pressesprecher Stefan Weidelich
Berliner Star-Anwälte im Dilemma: Für oder gegen "Gefährdungen zahlreicher Personen"?
Kein Schutz vor Asbest - trotz Asbestverbots?
Was ist eine kriminelle Vereinigung?
Christoph Beck: Verantwortung für die Stadt oder Verantwortungslosigkeit gegenüber Mietern?
Gesundheit geht vor Geld: Ein Appell an Rechtsanwältin Dr. Stefanie Schork
Die Gefahren von Asbest in privaten Häusern: Was Hausbesitzer und Mieter wissen müssen (geschrieben von ChatGPT)
Wurde das Legalitätsprinzip von Frau Staatsanwältin Falkenstein verletzt?
Mieter von Degewo-Asbestwohnungen haben Anspruch auf 100% Mietminderung
Oberstaatsanwalt Stefan Heisig verneint öffentliches Interesse zur Aufklärung grob fahrlässiger Handlungen der Degewo
Degewo – mehr Asbest. Mehr Tod.
2021 entscheidet sich die Degewo erstmalig dafür, Neumieter auf die Asbestgefahr hinzuweisen
Degewo saniert Asbestwohnungen jetzt über eigene Tochterfirma
„Ev. schadstoffhaltige Teile“ - Degewo schweigt bei Asbest
RBB Abendshow: "Die Degewo hat nur gesagt, dass wir Sie ins Heim stecken sollen"
Degewo Mieter Stettiner Str. 21: "Diese Sanierung ist die HÖLLE" (BZ Berlin)
Brief an Degewo
Paul Lichtenthäler (Degewo Pressesprecher) im ARD: "bohr keine Löcher in die Wand, dann kannst du da gut drin wohnen"
Sebastian Scheel "beantwortet" schriftliche Anfrage - Asbest 2030 bei der Degewo
Berliner Landgericht: Degewo hätte Mieter schon 1993 über Asbestgefahr informieren müssen
linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram