Floorflex-Platten - die Büchse der Pandora

Floorflex-Platten sind leicht brüchige Vinyl-Bodenbeläge, die zwischen 1950 und 1980 in großen Mengen verkauft wurden. Sie enthalten fast immer Asbest. Die Hersteller dieser Platten existieren nicht mehr. 

Woran erkennt man asbesthaltige Floorflex-Platten?

Floorflex-Platten sind meist quadratische (20-40cm), glatte Einzelplatten ohne Trägerschicht. Die Platten sind auch unter den Bezeichnungen Vinyl-Asbest-Platten, PVC-Flexplatten oder Vinyl-Asbest-Fliesen bekannt. 
Sind Floorflex-Platten gefährlich? "Von den Platten geht keine Gefahr aus, wenn sie nicht verarbeitet, zerbrochen oder anderweitig beschädigt werden", erklärt Constance Noack von der zuständigen Abteilung des Umweltbundesamtes.
Gebrochene oder bröckelnde Floorflex-Platten sind für Bewohner gefährlich, da Asbestfasern in die Raumluft gelangen könnenAuch durch Abrieb können Fasern freigesetzt werden. Der Gewichtsanteil an Asbest beträgt bei diesen Platten bis zu 20%.
Man geht davon aus, das allein in Berlin noch ca. 100.000 Wohnungen mit asbesthaltigen Floorflex-Platten ausgestattet sind (Youtube: Asbest im Wohnzimmer).
Frank Bielka (SPD) gab dem Senat im Jahr 2000 folgende Zahlen bekannt:

DEGEWO 14.400 Wohnungen
GEWOBAG 7.200 Wohnungen
GESOBAU 12.700 Wohnungen
Stadt und Land 8.500 Wohnungen
GSW 10.000 Wohnungen
BEWOGE 10.000 Wohnungen

mit asbesthaltigen Floorflex-Platten.

Relevante Artikel:

Was tun bei brüchigen Vinyl-Asbest-Platten?

Brüchige Floorflex-Platten und Schwarzkleber sind gesundheitsgefährdend. Kleben Sie brüchige oder offene Stellen mit Panzerklebeband zu. Kontaktieren Sie umgehend den Vermieter um zu klären ob die Platten asbesthaltig sind.
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Asbesthaltige Floorflex-Bodenplatten und Schwarzkleber in einer Degewo Mietwohnung in Berlin

Mustertext an den Vermieter:

“Ich fordere Sie auf, innerhalb von 10 Tagen ab Zugang dieses Schreibens zu bestätigen, das die Fußbodenplatten/Fußbodenkleber in meiner Wohnung asbestbelastet sind. Sollte die gesetzte Frist nicht eingehalten werden, werde ich kostenpflichtig einen Gutachter hiermit beauftragen.”

100% Mietminderung auch bei geringer Faserfreisetzung

Sollte sich der Verdacht erhärten, können unter anderem Mietminderungsansprüche geltend gemacht werden. 

Das Amtsgericht Eutin hat in einem aktuellen Urteil (Juni 2018) festgestellt, dass durch die Asbestfaserfreisetzung eine Unbewohnbarkeit gegeben war. Die Mieterin zog aus dem Haus aus und machte beim Vermieter die Kosten für die Ersatzunterbringung und die Neuanschaffung von Gegenständen geltend. Dem Grunde nach wurde dem Anspruch vollkommen stattgegeben. 

Dazu stellte das Amtsgericht fest:

"Mit der Freisetzung von Asbestfasern im Keller liegt ein Mangel vor…… Voraussetzung für das Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts ist das Vorliegen einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache. Eine solche lag hier vor. Im Keller wurden Asbestfasern freigesetzt. Bei Asbest gibt es keine Wirkungsschwelle. Jede Asbestfaser kann schon die Gesundheit beeinträchtigen. Daher ist regelmäßig von einem Mangel auszugehen"

Mit dieser Feststellung kommt das Amtsgericht zu folgendem Ergebnis:

"Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit von Asbestfreisetzung ist bereits die im Keller erfolgte Freisetzung von Asbestfasern geeignet, einen Mangel der Mietsache dahingehend zu begründen, dass eine Unbewohnbarkeit gegeben war."

Dies führt zu einer 100-prozentigen Mietminderung bei nachgewiesener Asbestfaserfreisetzung. Die in Berlin entwickelte wesentliche Rechtsprechung zur Mietminderung bei Asbestfaseraustrittsgefahr wurde hiermit gerade gerückt. Bei Asbestfasern ist es für den Mieter nicht zumutbar, im Objekt zu wohnen. Damit entfällt auch der Mietzinsanspruch vollständig und kann nicht nur prozentual gemindert werden.

Worst-case Szenario: asbesthaltigen Boden selber renovieren

Der Vermieter muss davon ausgehen, dass Mieter im laufe der Jahre den Boden austauschen möchten. Niemand wohnt gerne auf einem brüchigen, alten Bodenbelag. Degewo hat absolut keinen Schutzmechanismus, der vor so einer Situation schützt. 
Zu hoffen, das niemand die Büchse der Pandora öffnet, ist unrealistisch.
degewo floorflex-platten
Heimwerker und Parkettleger laufen Gefahr bei den Verlegearbeiten gefährliche Asbestfasern einzuatmen.

Asbesthaltiger Kleber

Der bitumenhaltige schwarze Klebstoff, mit dem die Floorflex-platten verklebt wurden, ist meistens auch asbesthaltig. Die Platten wurden aber auch mit anderen, nicht bitumenhaltigen (also nicht schwarzen) Klebstoffen verklebt.
Wenn die Kleberschicht entfernt werden soll, müssen Schutzmaßnahmen wie bei schwach gebundenen Produkten ergriffen werden.
Der Ausbau sollte von einem Fachbetrieb durchgeführt werden, der über ein entsprechendes Kompetenzzertifikat verfügt. Der Fachbetrieb meldet die Arbeiten beim Gewerbeaufsichtsamt und der Berufsgenossenschaft an.
Floorflex-Platten sind gefährliche Abfälle und müssen deshalb ordnungsgemäß entsorgt werden.

Vinly-Asbest-Platten in Berliner Kitas

Vinly-Asbest-Platten sind noch in zahlreichen Kitas vorhanden. Erzieher und Eltern sind sich der Gefahren völlig unbewusst.  
Kinder spielen glücklich und voller Vertrauen auf bröckelnden Vinly-Asbest-Platten. Das ist schon gefährlich genug. Manchmal werden auch Gegenstände in den Mund genommen die noch kurz vorher im Asbeststaub der brüchigen Bodenplatten lagen. 
Sollten Sie auf so einen Belag aufmerksam werden, melden Sie diesen bitte sofort der Kita-Leitung oder dem Vermieter!
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